Wie ehrlich darfst Du als Führungskraft sein?
Ehrlichkeit gilt in unserer Kultur als Fundament des Miteinanders und zentraler Wert in Beziehungen für Vertrauen und Verlässlichkeit. Der Begriff des „ehrbaren Kaufmanns“ ist in Hamburg tief verwurzelt und steht für Werte wie Integrität, Verantwortungsbewusstsein und Fairness im Geschäftsleben. Ehrlichkeit im wirtschaftlichen Handeln und im privaten Leben wünschen wir uns grundsätzlich für ein respektvolles und erfolgreiches Miteinander – vor allem bei anderen.
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Ehrlichkeit in der Führung versus Notlügen und Halbwahrheiten.
Hand auf´s Herz: Wer hat im Alltag oder bei der Arbeit nicht schonmal wohlwissend gegen Regeln, Gesetze oder Verordnungen verstossen? Auch sogenannte Notlügen begleiten uns oft schon seit der Kindheit „ich war das nicht“ oder „hab meine Hausaufgaben vergessen“ gelten als milde Form der Unehrlichkeit, die wir häufig aus sozialen oder emotionalen Gründen verwenden. Halbwahrheiten hingegen sind Aussagen, die zwar wahre Elemente enthalten „ich hab das schon fast fertig“ – diese aber bewusst unvollständig oder irreführend darstellen – wie in diesem Fall „ich hab gerade erst damit angefangen.“ Als Erwachsene setzen wir ähnliche Verhaltensweisen oft unbewusst fort, zum Beispiel wenn sie uns in komplexen sozialen Situationen helfen, besser zurecht zu kommen.
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Unehrlichkeit in der Führung – real erlebt.
Ohne Ehrlichkeit fehlt die Grundlage für stabile Zusammenarbeit. Unehrlichkeit erzeugt Distanz und Konflikte, denn Mitarbeitende bemerken schnell, wenn irgendwas nicht stimmt – sie machen sich Sorgen, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Chef Informationen zurückhält. Wo sie das Gefühl haben getäuscht zu werden, entstehen oft Unsicherheit, Misstrauen und Zurückhaltung.
Florian in seiner Rolle als Teamleiter erlebt gerade hautnah die Auswirkungen von intransparenter Führung und Kommunikation: „Bis zuletzt war völlig unklar, ob wir den Inflationsausgleich bekommen würden oder nicht – avisiert waren mal 400 Euro. So kurz vor der Urlaubszeit würden wir uns natürlich über eine Finanzspritze freuen. Dann aber kamen mit der Lohnabrechnung erstmal nur 200 Euro. Klar ist das eine freiwillige Leistung, aber wir hätten das gerne vorher erklärt bekommen – jetzt sind viele im Team enttäuscht.“
Darüber hinaus verbreiteten sich per Flurfunk rasch Gerüchte und Annahmen, woran das wohl liegen könnte – „das beschäftigt und verunsichert die Kollegen“ sagt er. Im Zuge dessen stiess sein Team auf weitere Halbwahrheiten:
„Weshalb fragt der Chef alle Jahre wieder nach unseren Themen für das Jahresmeeting – streicht sie dann aber regelmässig wieder von der Liste mit der Begründung, das wären für dieses Jahr nicht unsere Prioritäten. Unterdessen sei man sich im Management-Team über die wirklich wichtigen Agendapunkte bereits einig geworden.“ Wie sich das für Mitarbeitende anfühlt – Originalzitat: „Jedesmal, wenn ich meine Themen einreiche, oder sage was ich mir wünsche, werde ich zum Problem oder werde abgeschmettert. So eine Abfrage ist doch bloss Show.“
Auch einige der Auszubildenden wirken verunsichert und frustriert: „Wir Azubis fühlen uns hingehalten, weil immer noch unklar ist, ob wir übernommen werden oder nicht. So können wir unseren Berufsweg nicht planen – und auch der Betrieb hat keine Planungssicherheit. Wenn unsere Chefs aber nichts tun, um uns zu behalten – warum kämpfen wir dann, um bleiben zu können?“
Negative Gefühle sind oft ein Indikator dafür, dass Ehrlichkeit fehlt – und mit ihr auch Vertrauen und Sicherheit. Dadurch leiden die Beziehungen bei der Arbeit und es wird schwierig, direkt miteinander zu kommunizieren. Offene, klare Kommunikation könnte Vieles klären, Vieles leichter machen und mehr Vertrauen schaffen.
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Ehrlichkeit in der Führung – ein Spannungsfeld.
Folglich vermeiden Viele offenbar den offenen, ehrlichen Austausch systematisch und regelmässig – in einem Spannungsfeld aus strategischer Zurückhaltung einerseits „das dürfen die Mitarbeiter nicht wissen“ und Befürchtungen über die Konsequenzen von schonungsloser Ehrlichkeit andererseits „ich fürchte mich vor der Reaktion meiner Mitarbeitenden“. Das belastet – und kann innere Konflikte ebenso verstärken wie Konflikte mit dem Team eskalieren lassen.
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Wie ehrlich darfst Du als Führungskraft sein?
Darf ein Chef ehrlich sagen, wie es um das Unternehmen bestellt ist? Oder darf er zeigen, wie es ihm in diesen herausfordernden Zeiten geht? Was sind legitime Gründe, weshalb Informationen zurückgehalten werden sollten? Wo könnte Ehrlichkeit zu positiven Reaktionen führen – bei welchen Themen eher zu negativen Reaktionen? Und wie kannst Du Ehrlichkeit und Vertrauen im Unternehmen fördern?
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Argumente für mehr Ehrlichkeit.
Vertrauen festigen.
Dinge offen ansprechen und sagen, was ist – das stärkt Euer Vertrauen, schafft Orientierung und ist essenziell für die Motivation und Bindung der Belegschaft.
Authentisch und glaubwürdig rüberkommen.
Ehrliche Worte und Klarheit wirken authentisch und glaubwürdig – und stärken darüber hinaus die Loyalität der Mitarbeitenden.
Mitarbeitende einbeziehen.
Herausforderungen und Probleme klar anzusprechen ermöglicht es erst, gemeinsam Lösungen zu entwickeln und Deine Mitarbeitenden einzubeziehen.
Vorbild sein.
Als Führungskräfte prägst Du die Unternehmenskultur. Durch ehrliches Verhalten setzt Du ein positives Beispiel, das sich auf Dein Team überträgt.
Zusammenhalt stärken.
Ehrliche Worte und ein Eingeständnis zur Lage führen in der Regel weg von destruktivem Verhalten – und lenken hin zu zielgerichtetem Verhalten.
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Argumente gegen vollkommene Ehrlichkeit
Ehrlichkeit könnte verunsichern.
Zu viel Offenheit zum Beispiel über unternehmensinterne Probleme, kann Mitarbeitende verunsichern und ihre Produktivität beeinträchtigen.
Vertraulichkeit wahren.
Führungskräfte tragen Verantwortung für sensible Informationen, die nicht immer für alle Mitarbeitenden bestimmt sind.
Emotionale Belastung vermeiden.
Ungefilterte Ehrlichkeit kann Mitarbeitende emotional überfordern – sie verletzen oder sogar dem Teamgeist schaden.
Strategische Überlegungen.
In manchen Fällen erfordert es die Geschäftsstrategie, Informationen zeitlich oder inhaltlich zurückzuhalten – oder diese gut dosiert zu kommunizieren.
Harmonie bewahren statt Konflikte heraufbeschwören.
Wo ehrliche Worte subjektiv und verletzend sein könnten, könnte schonungslose Offenheit Konflikte heraufbeschwören oder verschärfen, statt sie zu lösen.
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Fazit.
Fragt man Mitarbeitende, was die Zusammenarbeit im Team zerstören könnte, ist „Unehrlichkeit“ beziehungsweise „Lügen“ eine der am häufigsten genannten Antworten. Aber sollten Menschen alles ehrlich sagen, was sie denken? Empfehlung: Nein, sollten sie nicht.
Ehrlichkeit ist ein hohes Gut, allerdings sollte sie stets in Kombination mit Empathie, Respekt und Situationsbewusstsein erfolgen, denn in sensiblen Situationen ist es wichtiger, wie und wann etwas gesagt wird, als dass es ungefiltert ausgesprochen wird.
Ehrlichkeit und Selbstreflexion gehören zusammen, denn nicht alle Gedanken sind relevant oder hilfreich. Ein bewusster Umgang mit dem eigenen Denken ist ebenso wichtig wie die Fähigkeit, zu reflektieren, was gesagt werden sollte.
Ehrlichkeit sollte konstruktiv sein – das heisst: Ehrliche Aussagen sollten darauf abzielen, positive Veränderungen zu bewirken, nicht andere zu verletzen oder unnötige Konflikte zu provozieren.
Ehrlichkeit ist essenziell, doch sie erfordert Fingerspitzengefühl, denn besonders als Führungskraft solltest Du eine ausgewogene und reflektierte Balance zwischen Transparenz, strategischer Zurückhaltung und respektvollem Umgang finden.
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Autor:
Business Coach Bernd Bickert
0173 245 81 99
Mein Berufsweg vom Hotelmanager zum Berater umfasst die Themen Führung, Vertrieb, Kundenservice und Mitarbeitermotivation. Diese Trainingsthemen liefern Dir praktische Werkzeuge und vertieftes Wissen, um in Deinem Beruf erfolgreich zu sein.
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